Wasserlandschaften? Wechselwirkungen und Verflechtungen zwischen Wasser, Mensch und Kulturlandschaft
Digitales Kolloquium ‚ARKUM – Fachdisziplinen im Gespräch!‘ im WS 2024/25 Mo, 17:15 Uhr an den folgenden Terminen: 21.10., 04.11., 18.11., 02.12., 16.12., 13.01.2025, 27.01.
Im WS 2024/25 lädt der ‚Arbeitskreis für historische Kulturlandschaftsforschung in Mitteleuropa e. V.‘ (ARKUM) erneut Wissenschaftler*innen verschiedener Disziplinen und Qualifizierungsstufen zum digitalen Kolloquium ein, diesmal mit dem Thema ‚Wasserlandschaften? Wechselwirkungen und Verflechtungen zwischen Wasser, Mensch und Kulturlandschaft‘. Das digitale Kolloquium hat in den beiden vergangenen Semestern bereits stattgefunden und bot Raum zur Auseinandersetzung mit den Themenbereichen ‚Raum und Kultur–Landschaft‘ sowie ‚Grenzen und Kulturlandschaft‘. Das Ziel dieses Formats fokussiert einen regelmäßigen Austausch, der verschiedene fachliche Perspektiven des jeweiligen Themas beleuchtet und zur kritischen Diskussion einlädt. Es baut Berührungsängste zwischen den einzelnen Fachdisziplinen ab und ermöglicht ein Verständnis für die Denkweisen, theoretisch–methodischen Vorgehensweisen und Befunde der jeweils anderen Disziplin. Dabei stehen gezielt solche Themen im Vordergrund, die aktuell eine fachübergreifende Erforschung erfahren – so auch das Thema ‚Wasser‘.
Rund zwei Drittel der Erdoberfläche sind Wasserfläche. Richtet sich der Blick auf das Festland, zählt z. B. mit 34.600 Kilometern Fließgewässer und rund 3.000 Seen das Land Brandenburg zu den gewässerreichsten Ländern der Bundesrepublik Deutschland. Weitere bekannte Wasserlandschaften sind u. a. die Mecklenburger Seenplatte oder das
Rhein–Maas–Schelde– bzw. Weichseldelta. Wasserlandschaft ist jedoch nicht gleich Wasserlandschaft: Neben den Meeren mit seinen Küsten und Deichen, neben Flüssen oder Seen existieren mit Bächen, Teichen, Kanälen, Wasserfällen, Auen und Mooren eine Vielzahl weiterer Möglichkeiten. Ihre Gemeinsamkeit besteht darin, dass sie seit tausenden Jahren als Lebensgrundlage, Verbindungswege, aber auch als Grenze dienen. Die Beziehung des Menschen zum Wasser manifestiert sich dabei in vielfältiger Weise: Wasserareale wurden oft durch Menschen verändert oder sind komplett das Ergebnis menschlicher Aktivität. Sie bilden so den Ausgang für ganz unterschiedliche Praktiken und Intentionen: Im Kontext der Moore, Flüsse, Kanäle oder der Küste stehen so oftmals Prozesse der Urbarmachung und des Landesausbaus im Vordergrund (Deich–, Brücken–, Mühlenbau – z. B. Schreiner 1995), in Bezug auf Flüsse oder das Meer geht ferner die Ermöglichung von Mobilität und Kommunikation einher (z. B. Seefahrt – Bohn 2011, Kommunikation – Schröder 2021, Hardt et al. 2007; Migration – Klepp et al. 2018). Hinsichtlich der Seen, Auen oder Bäche wurden ferner mit der Zeit verschiedene Bewirtschaftungsformen hervorgebracht (Stauseen, Holztrift, Holzflößerei oder Wässerwiesen – Hardt 2019, Malkmus 2016, Weismantel 2004, Keweloh 1988), bezüglich der Moore, Flüsse, Bäche, Wasserfälle, Seen oder des Meeres stand nicht selten immer auch die Ressourcengewinnung bzw. spezifische Gewerbeausführung im Mittelpunkt (Torfabbau, Energiegewinnung, Fischzucht und Fischerei – von Lukowicz 2003). Die Umsetzung verschiedener Praktiken und Intentionen erforderte damit immer auch soziale und organisatorische Anpassungen (Migration, Infrastruktur etc.), Aushandlungen und die Ausbildung rechtlicher Grundlagen (Weber 2020; Klepp et al. 2018; Dinçkal 2015). Besonders am Beispiel der Binnenschifffahrt wird in diesem
Kontext deutlich, dass hier stets lokale und regionale Prozesse mit überregionalen Interessen verknüpft sind (Bennemann 2021; Schröder 2017).
Das Kolloquium zielt entsprechend darauf ab, Wasserlandschaften vergleichend zu
erörtern. Dabei soll interdisziplinär erarbeitet werden, …
- … was die einzelnen Fächer und Epochen mit dem Begriff der ‚Wasserlandschaft‘ assoziieren: Welche Spielarten (z. B. Küste, Flüsse, Seen, Bäche, Moor, Auen etc.) sind denkbar, ab wann wird von einer Wasserlandschaft gesprochen (etwa, wenn das Wasser die Gesellschaft bestimmt, Wassergewerbe überwiegen, das Wasser das landschaftsdominierende Element ist…)?
- … welche Rolle jeweils Salz–, Brack und Süßwasser spielen: Verändern sich mit der Art des Wassers die Wahrnehmung auf Wasserlandschaften?
- … welche kulturellen Aspekte Wasserlandschaften ausmachen
- … auf welche Daten, Befunde oder Quellen im Kontext des Wassers in den einzelnen Disziplinen zurückgegriffen wird, welche Forschungserkenntnisse mit welchen Methoden generiert werden
- … welche Wechselwirkungen und Verflechtungen zwischen Menschen, Wasser und Kulturlandschaft von den einzelnen Fachdisziplinen und historischen Epochen herausgearbeitet, welche Themen (z. B. Katastrophenforschung, Mobilität, Religiosität etc.) also konkret behandelt werden sowie
- … welche Wasser–Darstellungen (Meistererzählungen etc.) und typische Landschaftsbilder inklusive ihrer Infrastruktur, Flora und Fauna derzeit den Forschungsdiskurs dominieren?
Zu den im Zweiwochenrhythmus stattfindenden 90–minütigen, digitalen Treffen (ZOOM) sind alle diejenigen regelmäßig eingeladen, die ein Thema im Rahmen des oben beschriebenen Forschungsrahmens bearbeiten und dieses gerne in einem interdisziplinären Kontext vorstellen und diskutieren möchten. Die Präsentationen sollen sich in einem zeitlichen Rahmen von maximal 35 Minuten bewegen und dazu beitragen, besonders ‚knifflige‘ Fragen oder Aspekte, den möglichen Umgang mit Einzelbefunden, die methodische Herangehensweise (u. a. in Forschungsprojekten, Studien) etc. vorzustellen und zu diskutieren. In jeder Sitzung ist auch stets Zeit vorgesehen, nach Bedarf unabhängig vom Thema ‚Wasserlandschaften‘ aktuelle Herausforderungen in der eigenen Forschung anzusprechen. Der Austausch soll
insgesamt also dazu dienen, …
- … durch die regelmäßigen Diskussionen zu verstehen, wie die Fachkolleg*innen bestimmte Begriffe/Konzepte – hier den Themenbereich Wasser – erschließen, welche Rolle dieser in ihrem Fach spielt
- … durch die anderen fachlichen Perspektiven eine Erweiterung des eigenen Horizontes zu erfahren
- … einen generellen Einblick in die jeweiligen Fachdiskussionen (z. B. auch über eventuelle Kontroversen) zu erhalten sowie
- … zu verstehen, wie die anderen Disziplinen zu ihren Ergebnissen gelangen (Methodik, Quellen) sowie Mittel und Wege finden, diese Ergebnisse sinnvoll in die eigene Forschung zu integrieren.
Der CfP richtet sich dabei an Wissenschaftler*innen aus Archäologie, Geschichtswissenschaft und Geographie, sowie anderen Fachdisziplinen (z. B. Soziologie und Philosophie), die sich mit Fragen rund um Wasser und Kulturlandschaft beschäftigen. Eingeladen sind auch alle diejenigen, die einfach nur Interesse am Thema und an den regelmäßigen Diskussionen haben, aber selbst nicht vorstellen möchten. Bewerbungen für einen Vortrag in Form eines Abstracts (max. 2.000 Zeichen) und einer Kurzvorstellung bzw. eine Interessensbekundung für eine einfache Teilnahme richten
Sie bitte bis zum 24.09.2024 an Lina Schröder, lina.schroeder@uni–wuerzburg.de.