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Call for Papers zur Jahrestagung des Arbeitskreises „Geographische Energieforschung“

Konflikte um die Energiewende: Vom großen Widerstand gegen die große Transformation

  1. bis 3. September 2025, Brandenburgische Technische Universität Cottbus-Senftenberg

Die Errichtung von Energieinfrastrukturen verläuft oftmals konflikthaft. Dies galt und gilt gleichermaßen für fossile Energieinfrastrukturen (z.B. Bau von Kohlekraftwerken, Erschließung oder Erweiterung von Kohleabbauflächen, Bau von LNG-Terminals), nukleare Infrastrukturen (z.B. Bau von Atomkraftwerken, Atommülltransporte, Standortwahl für zukünftige Atommüllendlager) und heute vor allem für Energieinfrastrukturen für erneuerbare Energien (z.B. Bau von Windkraft- oder Freiflächen-Photovoltaikanlagen, Errichtung von Stromtrassen, Wasserstoffinfrastrukturen).

Heute werden diese Konflikte zunehmend ausgetragen vor dem Hintergrund zahlreicher sich überlappender und gegenseitig verstärkender Phänomene. Diese umfassen Polykrisen (z.B. Klimakrise, Biodiversitätskrise, Wohnungskrise), Kriege (z.B. den Angriff Russlands auf die Ukraine samt resultierender Energiekrise) und schließlich Prozesse einer zunehmenden gesellschaftlichen Polarisierung und Radikalisierung. Hinzu kommen ein wachsendes Misstrauen gegenüber Politik und Behörden (inklusive deren Fähigkeiten zur Konfliktlösung und Zukunftsgestaltung) sowie eine zunehmend diskutierte Transformationsmüdigkeit in Teilen der Gesellschaft.

Eine gewisse Transformationsmüdigkeit lässt sich auch in der politischen Debatte diagnostizieren. In den vergangenen Wahlkämpfen (Europawahl im Sommer 2024 oder Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg im Herbst 2024) spielten die sozial-ökologische Transformation und vor allem die Herausforderung der Klimakrise nur noch eine untergeordnete Rolle. Hinzu kommt, dass Begriffe wie Transformation, Klima oder sogar Nachhaltigkeit – sofern sie thematisiert werden – in Teilen von Politik und Gesellschaft mittlerweile als „Kampfbegriffe“ wahrgenommen werden und reflexhafte Abwehrreaktionen hervorrufen. Etwa von der AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel, die im Bundestagswahlkampf einen Abriss von Windkraftanlagen forderte. Darüber hinaus ist mit dem Amtsantritt des neuen (alten) US-Präsidenten Donald Trump mit einer noch stärker auf fossile Rohstoffe setzenden Energiepolitik („Drill baby, drill!“) zur rechnen, die auch Auswirkungen auf den Rest der Welt haben wird.

Trotz der beschriebenen Transformationsmüdigkeit und einer bröckelnden politischen Unterstützung für oder gar offener Opposition gegen ambitionierte Klima- und energiepolitische Maßnahmen ist der Handlungsbedarf vor dem Hintergrund der voranschreitenden Klimakrise größer denn je: aus 2024 in Erinnerung geblieben sind der heißeste Sommer seit Beginn der Wetteraufzeichnungen, mit erneuten flächendeckenden Waldbränden in Nordamerika sowie Starkregenereignisse und Jahrhunderthochwasser in Österreich und Spanien im darauffolgenden Herbst.

Vor diesem Hintergrund laden wir Beiträge zu den folgenden vier thematischen Strängen ein.

  1. Konflikte um erneuerbare Energien

Der erste Strang fokussiert auf Konflikte um die Errichtung von Energieinfrastrukturen der Energiewende (z.B. on- und off-shore Windkraftanlagen, Freiflächen-Photovoltaikanlagen, Stromleitungen). Mögliche Themen für Beiträge umfassen unter anderem: Ungleichheiten in der Energieversorgung; Gemeinwohlkonflikte und Fragen der Gemeindebeteiligung bei erneuerbaren Energieprojekten; Aushandlungsprozesse um die Energiewende in Zeiten beschleunigter Planungs- und Genehmigungsverfahren; das Zusammenspiel von Leitbildern räumlicher Entwicklung und Energieversorgung, sowie die Räumlichkeit und Zeitlichkeit von Energieinfrastrukturen und deren Transformation. Verschärfung von bestehenden Konflikten als Symptom von Transformationsmüdigkeit; Probleme in der Vermittlung von Notwendigkeit erneuerbarer Energien vor dem Hintergrund zivilgesellschaftlicher und wirtschaftlicher Opposition.

 

  1. Transformations- und Zielkonflikte durch Wasserstoff

Der zweite Strang befasst sich mit Transformations- und/oder Zielkonflikten, die sich durch den Aufbau von Infrastrukturen zur Erzeugung- und/oder dem Import von Wasserstoff ergeben. Beiträge können unter anderem behandeln: die geopolitischen und internationalen Dimensionen von Wasserstoff; alte und neue räumliche (Macht-)Ungleichheiten und (Gerechtigkeits-)Konflikte der Wasserstoffgewinnung und des Wasserstoffhandels und/oder unternehmerische und politische Strategien zur Förderung von Wasserstoff; regionale Konflikte und Konkurrenzen rund um die Errichtung von Wasserstoffinfrastrukturen.

  1. Die Wärmewende als neues Konfliktfeld

Der dritte Strang behandelt mit der Wärmewende ein vergleichsweise neues Konfliktfeld der Energiewende, das aber spätestens mit der Debatte um das „Heizungsgesetz“ im Sommer 2023 und der seitdem verpflichtenden kommunalen Wärmeplanung an Aufmerksamkeit und Relevanz gewonnen hat. Mögliche Themen für Beiträge können umfassen: die kommunale Wärmeplanung als unerwartetes oder unterschätztes Handlungs- und Konfliktfeld; soziale und technische Narrative der Wärmeversorgung; die klimapolitische Dimension des Wohnens bzw. die Verschränkung von Klima- und Wohnungskrise.

  1. Offener Strang

Für den vierten Strang sind weitere energiegeographische Beiträge eingeladen, die sich mit konzeptionellen Zugängen, methodischen Ansätzen, neuen empirischen Entwicklungen oder der räumlichen Planung der Energieversorgung beschäftigen. Zu diesen vier Strängen können Beiträge in verschiedenen Formaten eingereicht werden:

  • Klassische Full Paper für einen Vortrag von 15-20 Minuten (keine Vorabeinreichung von Artikeln nötig),
  • Kurzbeiträge, die konzeptionelle Skizzen, empirische Vignetten oder Kommentare enthalten oder
  • Experimentelle Beiträge, jenseits der klassischen Vortragsformate

Wir bitten um die Zusendung von Abstracts im Umfang von bis zu 200 Wörtern bis zum 30. April 2025 an folgende Adressen: henk.wiechers@b-tu.de und wolfgang.haupt@leibniz-irs.de

Eine Benachrichtigung über die Annahme von Beiträgen soll bis spätestens Ende Mai 2025 erfolgen.