Transformationslandschaften der Nachhaltigkeit.
Zwischen Umbruch, Beharrung und territorialer Falle.
Münster, 13.-14. November 2025
Jahrestagung der Akademie für Geographische Regionalforschung,
in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe Raumplanung und Nachhaltigkeit des Instituts für Geographie der Universität Münster.
Als tiefgreifender Umbruch prägt der klimapolitische Imperativ bestehende Strukturen, institutionelle Arrangements und die Grundlagen planerischen Handelns. Der mit dem Begriff der Nachhaltigkeitstransformation beschriebene substantielle Wandel gesellschaftlicher, kultureller, politischer und wirtschaftlicher Ordnungen (Hölscher et al., 2017) stellt Städte und Regionen vor große Herausforderungen. Dieser Wandel betrifft dabei zentrale Bereiche städtischer und regionaler Planung, wie etwa die Steuerung der Flächennutzung, der Mobilität, der Energieversorgung, der sozialen Infrastruktur und die vielfältigen Praktiken des Wirtschaftens.
Auf lokaler Ebene hat sich die Komplexität des Transformationsprozesses durch gesellschaftliche Konfliktlinien, neue geopolitische Verwerfungen und die Krisenerfahrungen der Pandemie weiter verschärft. Die Dringlichkeit tiefgreifender Veränderungen in Städten und Regionen rückt dabei immer weiter in den Hintergrund und wird durch eine fossile Rückwärtsorientierung, rechts-autoritäre Kräfte und eine grüne Modernisierung verharmlost. Gleichzeitig werden experimentelle Ansätze erprobt und Städte aufgrund ihrer Vorreiterrolle für eine transformative Stadtentwicklung gelobt. Doch der in der Praxis beliebte Rückgriff auf vermeintlich erfolgreiche singuläre Ansätze übersieht häufig, dass jenseits dieser Ansätze nicht-nachhaltige Praktiken und Denkweisen fortbestehen, tief in gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Systemen verankert sind und so transformative Veränderungen zu mehr Nachhaltigkeit erschweren oder gar verhindern (Blühdorn 2018).
Vieler dieser vermeintlich erfolgreichen Maßnahmen sind zudem räumlich isoliert und betrachten Städte und Regionen als abgeschlossene Einheiten. Dabei wird die Bedeutung der komplexen globalen Verflechtungen und der wechselseitigen Abhängigkeiten räumlicher Dynamiken vernachlässigt (Macleod/Jones 2011). Auch die in der Forschung häufig anzutreffende Fokussierung auf städtische Räume verengt die Perspektive auf Transformationen, indem Städte und Regionen nicht als relational konstituierte Arenen verstanden werden (Wachsmuth et al. 2016). Die Nicht-Linearität von Transformationsprozessen und die inhärente Komplexität räumlicher Veränderungen machen zudem deutlich, dass sich solche Prozesse weder vorhersagen noch vollständig berechnen oder steuern lassen. Statt einer kausallinearen Modellierung erfordert die Analyse von Nachhaltigkeitstransformationen daher einen Ansatz, der emergente Dynamiken, Kontingenzen und die Wechselwirkungen zwischen unterschiedlichen Maßstabsebenen berücksichtigt.
Damit Transformationen gestaltbar bleiben, müssen transformative Projekte als verhandelbare und konflikthafte Prozesse verstanden werden, die demokratische Aushandlung und gesellschaftliche Partizipation erfordern. Dies steht im Spannungsverhältnis zu postdemokratischen und postpolitischen Tendenzen, in denen zentrale politische Entscheidungen zunehmend in technokratische (Raco/Savini 2019) oder marktförmigen Steuerungslogiken ausgelagert werden, während substanzielle politische Debatten marginalisiert werden.
Die Tagung zielt darauf ab, die Komplexität von Transformationslandschaften aus relationalen Perspektiven zu thematisieren. Wir möchten einen Beitrag dazu leisten, eine verkürzte Perspektive auf städtische und regionale Transformation zu überwinden – sowohl in der Theorie als auch in der Praxis. Dafür möchten wir relationale konzeptionelle Zugänge der Transformation diskutieren, die Städte und Regionen nicht isoliert betrachten, sondern als Knotenpunkte in rhizomatisch vernetzten Arrangements von Akteuren, Materialitäten, Diskursen oder politischen Governance-Strukturen verstehen.
Wir freuen uns über die Zusendung theoretischer und empirischer Beiträge für Vorträge, die sich Transformationsprozessen aus unterschiedlichen fachlichen, praxisorientierten, aber auch aktivistischen Perspektiven annähern. Die Beiträge können sich an einem der nachstehenden Schwerpunkte orientieren, gern aber auch mit neuen Gedanken zur Debatte beitragen:
- Relationale Perspektiven auf Transformation in der Stadt- und Regionalforschung
- Transformative Planung unter den Bedingungen von Komplexität
- Kritische Analysen von „Best Practices“ der Nachhaltigkeitstransformation
- Transformationskonflikte entlang unterschiedlicher Skalen
- Transformation vor dem Hintergrund von post-demokratischen Beharrungskräften
- Widersprüche und Ambivalenzen transformativer Dynamiken
- Widerständigkeit und Konflikte der Nachhaltigkeitstransformation
- Das Aufeinandertreffen und die Integration von emanzipatorischen Bewegungen und institutionalisierten Praktiken in der Planung
- Wachstumskritische Ansätze in der Kommunal- und Regionalplanung
Wir freuen uns über Abstracts von ca. 250 Wörtern bis zum 30.6.2025 oder Anmeldungen (ohne Vortragsangebot) bis zum 31.7.2025 an die folgende Emailadresse moessner@uni-muenster.de. Wir möchten explizit sog. Nachwuchswissenschaftler*innen ermuntern, mit einem Beitrag an unserer Veranstaltung teilzunehmen. Aufgrund der Räumlichkeiten ist die Veranstaltung für Teilnehmende auf ca. 30 Plätze limitiert. Wir werden nach Anmeldung ein kleines Hotelkontingent mit vergünstigten Preisen kommunizieren und unterstützen auch gern bei der Suche nach Unterkünften.