Im Sonderforschungsbereich (SFB) „Evolution der Erde und des Lebens unter extremer Trockenheit“ werden die wechselseitigen Beziehungen zwischen biologischer Evolution und Landschaftsevolution in den trockensten Wüsten der Erde erforscht. Tony Reimann gibt Einblicke in die Forschungsarbeit zur Atacama-Wüste.
Die Bohrkampagne in der Atacama. Foto: T. Reimann
Gibt es in einem solch trockenen Gebiet wie der Atacama-Wüste überhaupt biologisches Leben?
Überraschenderweise ja. Am Beginn der ersten Projektphase des SFBs gingen wir noch davon aus, dass es im trockensten Teil der Atacama kein Leben gibt. Immerhin sprechen wir im hyper-ariden Kern der Wüste von weit weniger als 1 mm Niederschlag im langjährigen Durchschnitt. Demnach war unsere Erwartung, dass wir dort Bedingungen ähnlich zu rezenten Mars-Oberflächen vorfinden. Mittlerweile wissen wir, dass es selbst im trockensten Teil der Atacama Insekten gibt, die in der Lage sind, unter diesen extremen Bedingungen genügend Wasser zu beziehen. Außerdem gibt es Pflanzen, die ihren gesamten Wasserhaushalt über das Einfangen von Nebel bestreiten. Die Entstehung und Verbreitung von Nebel ist wiederum beeinflusst von verschiedenen Geo-Faktoren wie z. B. dem pazifischen Zirkulationssystem El Niño und die Southern Oscillation (ENSO). Diese Variablen ändern sich über geologische Zeiträume und damit verändern sich Umweltbedingungen für dieses nebelabhängige Ökosystem in Raum und Zeit.
Welche Forschungsfragen sollen in der dritten Projektphase beantwortet werden?
Wir wollen besser verstehen, wie Überleben in einer hyper-ariden Umwelt möglich ist und wie hyper-arides Leben die Entwicklung der Erdoberfläche beeinflusst. Außerdem fragen wir uns, wie die genetische Evolution von hochangepassten Pflanzen und Tieren mit der geologischen Evolution von hyper-ariden Landschafts- und Umweltsystemen verbunden ist. Eine zentrale Hypothese des SFBs ist, dass es zwischen Biologie und Geologie eine Art Ko-Evolution gibt. Wir sehen beispielsweise bereits jetzt, dass die Bildung von typischen Gips-Bodenkrusten, die große Teile der Atacama vor Winderosion schützen, sich ohne biologischen Beitrag nicht erklären lässt.
Die Feldforschung findet in einer der trockensten Regionen der Erde statt. Welche Herausforderungen treten dabei auf?
Es gibt eine extreme Sonneneinstrahlung und viel Staub, was die Feldarbeiten wirklich erschweren kann. Viele Untersuchungsgebiete liegen weitab von Straßen und Pisten. Das erfordert nicht nur Off -Road-Fahrkünste, sondern auch eine sorgfältige Logistik und spezielle Sicherheitsvorkehrungen. Für unsere zentrale Bohrkampagne mussten wir tonnenweise schwere Gerätschaften transportieren und für mehrere Wochen ein temporäres „Dorf“ fernab jeglicher Zivilisation aufbauen. Belohnt wurden die Forschenden vor Ort nicht nur mit einem einmaligen Einblick in die Klimageschichte der Atacama, sondern auch mit einem sensationellen Sternenhimmel ohne jegliche Lichtverschmutzung. Einen anderen großen Vorteil haben Feldarbeiten in der Atacama aber auch noch: Aufgrund der extremen Trockenheit gibt es keine Skorpione, Schlangen oder anderes stechendes oder beißendes „Viehzeug“.
Kontakt: Prof. Dr. Tony Reimann, Geographisches Institut der Universität zu Köln, t.reimann@uni-koeln.de
Der Artikel ist in Zusammenarbeit mit der Geographischen Rundschau im Westermann-Verlag, Heft 04-2025 erschienen.
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