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Stellungnahme des VGDH aus Sorge um Wissenschaftsfreiheit und Diversität

 

18. Februar 2025

Stellungnahme des VGDH aus Sorge um Wissenschaftsfreiheit und Diversität

Der Verband für Geographie an deutschsprachigen Hochschulen und Forschungseinrichtungen (VGDH) nimmt mit großer Sorge zur Kenntnis, dass Wissenschaftsfreiheit und Diversität in der Forschung unter der neuen US-amerikanischen Regierung zunehmend unter Druck geraten. Vor allem die geplanten und bereits durchgesetzten Kürzungen nationaler Förderprogramme betrifft Kolleg*innen einer bislang führenden Wissenschaftsnation. Auch eine internationale integrative Forschung ist hierdurch gefähr­det. Diskutierte Streichungen von Klima- und Umweltschutzprogrammen, eingeschränkte Förderlinien zur Stärkung wissenschaftlicher Vielfalt, Gleichberechtigung und Inklusion, die Existenz von Listen unerwünschter gender-sensibler Formulierungen in Publikationen bis hin zur eigenmächtigen Ände­rung allseits anerkannter geographischer Regionalbezeichnungen sind nur eine Auswahl von beunruhi­genden Vorstößen im aktuellen politischen Diskus der USA. Ebenfalls sind politisch motivierte Einschränkungen bei der Nutzung bisher  freier und offener Datenbanken eine Gefahr für die unabhän­gige und der Transparenz verpflichteten Forschung. Wenn Wissenschaftler*innen aus berechtigter Sorge vor angekündigten Einschränkungen private Sicherungen von behörd­lichen und bisher öffentlich zugänglichen Datenbanken erstellen, ist dies eine gefährliche Entwicklung. Wir positionieren uns ausdrücklich gegen diese Vorgänge und ermutigen alle Kolleg*innen, sich ebenfalls laut für Wissen­schaftsfreiheit, Diversität und internationale Kooperation auszusprechen.

Eine zunehmende Spaltung der Gesellschaft mit wissenschaftskritischer Polemik und der Leugnung von wissenschaftlichen Erkenntnissen ist dabei kein Phänomen, welches wir nur in anderen Ländern beobachten können, sondern es betrifft auch unsere eigene Gesellschaft in Deutschland und Europa. Umso wichtiger ist es, sich diesen Entwicklungen entgegenzustellen und Wissenschaftsfreiheit, Diversität und eine ideologiefreie Forschung sowie deren Institutionen zu verteidigen.

Auch die Forschung im Fach Geographie lebt davon, dass wir eine diverse Forschungskultur pflegen. Wir sollten Vielfalt und Diversität in der Wissenschaft fördern und Prozesse von bewusster Margina­lisierung von Menschen und Regionen explizit in unserer Forschung thematisieren. Daher ist es unser ausdrückliches Ziel, die Weiterentwicklung von gemeinsamen interdisziplinären, internationalen und interkulturellen Netzwerken und Institutionen innerhalb unserer Wissenschaftskultur zu fördern. Wir rufen dazu auf, die von Streichungen und institutionellen Behinderungen betroffenen Kolleg*innen zu unterstützen. Die Geographie muss als Sprachrohr komplexer Mensch-Umwelt-Beziehungen mit natur­wissenschaftlichen Fakten und in der Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Herausforderungen im öffentlichen Diskurs sichtbar und hörbar sein.

Die Voraussetzungen für einen zukunftsfähigen Wissenschaftsstandort und positive Leitlinien allgemei­ner Forschungskultur werden – auch für die Geographie – in Deutschland durch den Bund ganz erheblich mitgestaltet. Darüber hinaus beschränkt sich die Wissenschaft nicht nur auf Forschung, sondern sie ist auch ein fundamentaler Teil grundlegender Bildung, die mit guten Studienbedingungen den wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Nachwuchs fördert. Daher schließen wir uns ausdrück­lich dem Aufruf der Hochschulrektorenkonferenz „Bei der Förderung von Forschung, Lehre, Innovation und Studienbedingungen kommt es auch auf den Bund an“ zur Teilnahme an der Bundestagswahl an. Wir sehen die zukünftigen Regierungsparteien in der Verantwortung, ein positives Klima für Wissen­schaftsfreiheit und Diversität zu bewahren und kontinuierlich weiter auszubauen.

Felix Henselowsky, Dagmar Haase und Boris Braun für den Vorstand des VGDH