Eine App für eine bessere Ernährung in indischen Städten
Wie lassen sich ungesunde Ernährungspraktiken überwinden und nachhaltige Ernährungssysteme aufbauen? Das Projekt „NutriAIDE – Aufbau smarter Ernährungsumfelder für eine bessere Ernährung“ (www.nutriaide.org) geht dieser Frage anhand von empirischen Untersuchungen und einer App-basierten Intervention im städtischen Indien nach. Gefördert wird es durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). Ein Team aus Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Humangeographie, Ernährungs- wissenschaften, Psychologie und Nachhaltigkeitsforschung sowie ein Softwareunternehmen untersucht ernährungsbezogene Entscheidungsfindungsprozesse von Verbrauchern der städtischen Mittelschicht. Auf Basis der Analyse wird eine App entwickelt, die Nutzern dazu dient ihre Ernäh- rungsroutinen zu verfolgen, um sie zugunsten des Verzehrs nährstoffreicher, lokal produzierter und überwiegend pflanzlicher Lebensmittel zu verändern. Schritt 1, Problemanalyse: Untersucht wird, wie die Ernährungsumfelder von Verbrauchern der urbanen Mittelschicht strukturiert sind, wie sie sich im Zuge der Co- vid-19-Pandemie und des Aufkommens von Online-Lieferdiensten verändert haben sowie welche gesundheitlichen und ökologischen Folgen damit einhergehen. Schritt 2, erste Entwicklungsphase: Das Team des Softwareunternehmens entwickelt die erste Version der App. Das Team von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern stellt dazu Informationen zusammen, die aus Nutzungssicht notwendig sind, um gesundheitliche und ökologische Folgewirkungen individueller Ernährungsweisen sichtbar zu machen. Darauf aufbauend verbindet die von künstlicher Intelligenz gesteuerte Nutri-AIDE-App die Themen Ernährung, Gesundheit und Nachhaltigkeit. Sie besteht aus drei Modulen. Mit dem ersten Modul können Nutzerin- nen und Nutzer per Handykamera über 5000 zubereitete Speisen und Getränke sowie verpackte Lebensmittel identifizieren. Die App liefert zu jedem Produkt Richtwerte zum Makronährstoffgehalt (z. B. Fettanteil) und zu CO2-Äquivalenten. Das zweite Modul erlaubt das interaktive Markieren und Bewerten von Lebensmittelanbietern, wobei der Fokus hierbei auf dem informellen Sektor liegt, der von kommerziellen Apps bisher nicht abgedeckt wird. Das dritte Modul ermöglicht es, sich online auszutauschen, um eine temporäre Gemeinschaft zu gesunder und nachhaltiger Ernährung aufzubauen. Schritt 3, Intervention und Evaluierung: In einem Realexperiment mit über 700 Teilnehmenden werden drei Gruppen gebildet. Die erste Gruppe erhält die App mit vollem Funktionsumfang, die zweite eine funktional reduzierte App, während die dritte Gruppe Informationen über gesunde und nachhaltige Ernährung nur in gedruckter Form erhält. Alle Teilnehmenden werden einmal vor Ausgabe der Apps bzw. der Informationen befragt und einmal nach einem längeren Zeitraum des Umgangs. Im Anschluss wird analysiert, welche Wirkung die App-Nutzung im Vergleich zur Informationsausgabe hat und welche Funktionen der Apps die größte Wirkung entfalten. Schritt 4, Lernphase: Anhand der Daten werden Schritte eingeleitet, um die Funktionalität der App weiter zu verbessern, Benutzerfreundlichkeit sowie Alltagstauglichkeit zu erhöhen, und am Ende ein marktfähiges Interventionstool zu erhalten. ∎
KONTAKT
Prof. Dr. Markus Keck, markus.keck@
uni-a.de, Merle Müller-Hansen, merle.
mueller-hansen@geo.uni-augsburg.de,
Dr. Mahne-Bieder, johannes.mahne-
bieder@uni-a.de, Lehrstuhl Urbane
Klimaresilienz, Universität Augsburg
Der Artikel ist in Zusammenarbeit mit der Geographischen Rundschau im Westermann-Verlag, Heft 6-2024 erschienen.