Arbeitskreise: AK Labour Geography
Vernetzungstreffen 2025 in Graz
Das diesjährige Vernetzungstreffen des Arbeitskreises (AK) Labour Geography fand vom 13. bis
14. Februar am Institut für Geographie Raumforschung der Universität Graz in Österreich statt. In der Geschichte des 2020 gegründeten Arbeitskreises war es mit über 50 Teilnehmenden das bisher größte Treffen. Rund um den thematischen Schwerpunkt „Labour Geography – Who cares?“ standen dabei arbeitsgeographische Fragen von Care und sozialer Reproduktion im Fokus.
Schwerpunkt: Care-Arbeit und soziale Reproduktion
In einem breiten Programm mit zwölf inhaltlichen Sessions setzten sich die Teilnehmenden an beiden Tagen sowohl in klassischen Paper-Sessions als auch in offeneren Formaten wie Workshops, gemeinsamen Diskussionen und Feedbackrunden zu neuen Forschungsskizzen mit Arbeitsverhältnissen in verschiedenen Sektoren auseinander – bspw. dem Gesundheits- und Pflegesektor, der Landwirtschaft und dem Energiesektor. Durch einen Fokus auf Emotionen, die Un/Sichtbarkeit von Arbeit, Migration, Gender und kollektive Organisierung wurden dabei immer wieder die Bedeutung einer transversalen Perspektive auf Arbeit deutlich, die Lohnarbeit in die Bedingungen sozialer Reproduktion einbettet. Für die beiden Keynotes waren drei internationale Gäst*innen zum AK-Treffen eingeladen. Die Tagung begann mit einer Keynote von Sarah Marie HALL (University of Manchester) und ihrem Vortrag „Reproducing Intimate Infrastructures in Times of Economic Change“. HALL stellte dabei die Ergebnisse und Reflexion eines partizipativen Forschungsvorhabens zu einer von jungen Menschen aus der Arbeiter*innenklasse getragenen Kampagne im Großraum Manchester vor. Sie zeigte dabei die Relevanz intimer Beziehungen und Orte, sogenannter intimiate infrastructures, für das Gedeihen von sozialen Bewegungen auf und machte indes auch diese Form der reproduktiven Arbeit sichtbar. In der Abendkeynote von John HOLLOWAY und Lucí CAVALLERO mit dem Titel “Doing Emancipation Against Authoritarian Capitalism” diskutierten die beiden Vortragenden ihre Sicht auf die Spielräume und Bedingungen progressiver Politik unter den Bedingungen eines immer autoritärer werdenden Kapitalismus. Vor dem Hintergrund der ultrarechten Milei-Regierung in Argentinien sprach CAVALLERO über die Notwendigkeit feministischer Analyseperspektiven, um die differenzielle Betroffenheit von Prekarisierung und Gewalt aufzuzeigen. HOLLOWAY bot eine klassische Reflexion: Im allseits verbreiteten Schrei der Entrüstung gegen die gegenwärtigen Verhältnisse liege die Grundlage emanzipatorischer Politik und sie solle auch als Angelpunkt der Reflexion der gegenwärtigen autoritären Wende gesehen werden.
Care-Arbeit in der Forschung und Lehre
In der Tradition des AK Labour Geographie blickten wir auch auf unsere eigenen Arbeitsbedingungen an Universitäten und Forschungseinrichtungen. Den Aufschlag machten Sarah WACK und Heide BRUCKNER (Universität Graz) mit einer Reflexion zu academic care work. Darunter fassten sie eine Vielzahl an Aufgaben wie die emotionale Unterstützung für Kolleg*innen und Studierende, Mentoring sowie akademische Selbstverwaltungsaufgaben. Basierend auf ihrer empirischen, qualitativen Forschung konnten sie aufzeigen, dass diese reproduktive Arbeit an Universitäten oftmals unsichtbar bleibt, wenig geschätzt bzw. nicht von allen gleichermaßen getragen wird. Diese unbezahlte Mehrarbeit ist gerade mit Blick auf die Besetzung von Stellen höchst problematisch, denn für diese zählen Engagement in Lehre und Gremien weit weniger als quantifizierbare Outputs in der Forschung. Im Anschluss diskutierten wir im Plenum relevante Herausforderungen und Schwierigkeiten, die wir in diesem Kontext selbst erleben. Daher tauschten wir uns auch über Organisierungsstrategien aus, die bereits an Forschungsstandorten
umgesetzt werden. Hierbei fielen Stichworte wie das Sichtbarmachen von Care-Verantwortung im Forschungs- und Lehrbetrieb, eine verstärkte Zusammenarbeit mit Gewerkschaften sowie das Zusammenhalten und gegenseitige Stärken unter Kolleg*innen am Institut.
What’s next? Labour Geography in der
Humangeographie verankern!
Die Tagung endete mit einer Reflexions- und Planungsrunde für das nächste Jahr. Im Februar 2026 wird das Treffen an der Universität Halle (Saale) stattfinden. Der genaue Termin wird derzeit abgestimmt und dann auf der Webseite des AK veröffentlicht. Das Vorbereitungsteam freut sich über weitere Menschen, die mitorganisieren möchten. Meldet Euch bei Interesse gern direkt bei den Sprecher*innen: kontakt@ak-labourgeography.de.
Die bisherigen Sprecher*innen, Barbara ORTH, Christiane MEYER-HABIGHORST, Stephan LIEBSCHER und Yannick ECKER, werden den Arbeitskreis Labour Geography erneut für ein Jahr vertreten. Dabei soll die Arbeitsgeographie weiter in der deutschsprachigen Humangeographie verankert werden: zum einen durch den Austausch von Syllabus und Lehrmaterialien, zum anderen durch Panels bei der Tagung Neue Kulturgeographie im Herbst 2025 sowie einer Sommerschule im Sommer 2026. Aktuelle Informationen dazu sowie die Möglichkeit, sich in unsere Mailingliste einzutragen, finden sich auf der Webseite des AK Labour Geography. Stay tuned!
Last but not least: Ein großes Dankeschön an die Organisator*innen!
Einen großen Dank möchten wir abschließend dem Orga-Team um Anna VERWEY, Christiane MEYER-HABIGHORST, Janne LENTZ, Nikolaos GATSINOS, Rivka SALTIEL und William WESTGARD-CRUICE aussprechen, welche die Tagung als hybrides Team von verschiedenen Standorten aus organisierten. Durch ihre Bemühungen erhielt die Tagung einen sehr persönlichen und produktiven Charakter und ermöglichte es dem AK, zusammen mit der öffentlichen Abend-Keynote, sowohl in den wissenschaftlichen als auch städtischen Diskurs zu intervenieren. Darüber hinaus möchten wir uns auch ganz herzlich bedanken bei allen Helfer*innen vor Ort in Graz, dem Catering von Julia WALK, dem Netzwerk Labour Geography, allen Sessionund Panelmoderator*innen, den Vortragenden und den Teilnehmenden für ihre Mitwirkung und Unterstützung bei diesem gelungenen Treffen!