Veröffentlichungen

Rundbrief Geographie Heft 313

Veröffentlicht im Rundbrief 313

Mitteilungen aus der DGfG

Bildungsstandards im Fach Geographie für die allgemeine Hochschulreife

In den letzten zweieinhalb Jahren wurden die Bildungsstandards im Fach Geographie für die Allgemeine Hochschulreife entwickelt. Sie sind das Ergebnis intensiver und komplexer, jedoch stets sehr konstruktiver Verständigungs- und Aushandlungsprozesse. Analog zur Sekundarstufe I hat die Kultusministerkonferenz (KMK) beschlossen, auch für die gymnasiale Oberstufe wiederum nur offizielle Bildungsstandards für die sogenannten PISA-Fächer Deutsch, Mathematik, die erste Fremdsprache und die anderen Naturwissenschaften (Biologie, Chemie und Physik) zu entwickeln und deren Erreichen bei den Lernenden mittels Tests zu überprüfen. Bildungsstandards sind aber auch für das Fach Geographie wichtig. Sie erfüllen verschiedene
Aufgaben (KLIEME et al., 2003).

  • Sie sorgen für Transparenz der schulischen Anforderungen u. a. bei Lernenden, Eltern, Lehrkräften und der Bildungspolitik.
  • Sie helfen im Sinne der Output-Orientierung Lehr-/Lernprozesse auf eine kumulative Weiterentwicklung von Kompetenzen hin über einen längeren Zeitraum auszurichten.
  • Sie bilden als Ergänzung zu den einheitlichen Prüfungsanforderungen in der Abiturprüfung (EPA) eine Basis für die Überprüfung der anvisierten Bildungsziele.
  • Sie bieten in einem föderalen Bildungssystem ein bundesweit einheitliches Fundament für die Entwicklung von Lehrplänen an.
  • Sie stellen eine wichtige Standortbestimmung des gegenwärtigen Verständnisses geographischer Bildung sowohl nach innen (Lehrkräfte, Fachleitungen …) als auch nach außen (Bildungspolitik, Öffentlichkeit..) dar.
  • Sie positionieren die Geographie fachpolitisch, indem sie die hohe Relevanz geographischer Bildung in Zeiten von multiplen Krisen verdeutlichen.

Daher hatte das Präsidium der Deutschen Gesellschaft für Geographie (DGfG) im Jahr 2022 entschieden, erneut eigenständig – wie schon in der S I – ein solches Dokument zu erstellen. Dabei wurde sich wie wiederum in der grundlegenden Konzeption an den KMK-Bildungsstandards der anderen Naturwissenschaften orientiert. Zu Beginn des Entwicklungsprozesses der Bildungsstandards S II wurden in einem offenen Aufruf interessierte Personen der Teilverbände der DGfG zur Mitwirkung eingeladen. Es konstituierte sich eine vielperspektivische AG mit elf Mitgliedern, die aus Vertreterinnen und Vertretern der Fachwissenschaft, der Fachdidaktik, der Studienseminare sowie der Schule bestand. Seitens des HGD-Vorstands sei allen Mitgliedern dieser AG für ihr Engagement und ihre Expertise gedankt! Die neuen Bildungsstandards wurden unterdessen der Kultusministerkonferenz vorgelegt, deren Generalsekretär sie an die Kultus minister*innen der Länder und der Fachgruppe Geographie, die die Einheitlichen Prüfungsanforderungen für das Abitur überarbeitet, weitergeleitet hat.

Weitere Informationen
Das finale Dokument steht auf der Website der
DGfG zum Download zur Verfügung:
https://www.dgfg.org/geographie-und-gesellschaft/schule/
Die gedruckte Fassung kann über das Institut für Didaktik der Geographie an der Universität
Münster bestellt werden:
ifdg@uni-muenster.de

 

 

Stellungnahme des Verbands deutscher Schulgeographie zu den Äußerungen von Ministerpräsident Kretschmann zum Fach Geographie

Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried KRETSCHMANN macht sich öffentlichkeitswirksam Gedanken, was man heutzutage in der Schule lernen solle. Zuerst zweifelte er an der Sinnhaftigkeit des Rechtschreibunterrichts, dann
stellte er die Notwendigkeit einer zweiten Fremdsprache infrage, und nun behauptet er, dass das Kartenlesen im Geographieunterricht überflüssig sei: „Früher war es sehr wichtig, Kartenlesen zu lernen. Sonst konnte man sich nämlich nicht
zurechtfinden, wenn man irgendwo hinwollte. Das ist heute nicht mehr in diesem Maße nötig. Wir haben Navigationssysteme, jeder hat ein Handy und kann über GPS navigieren.“ (KRETSCHMANN am 12.1.2025).

Letztlich bleibt dabei die Frage offen, was in der Schule denn überhaupt noch gelernt werden soll, wenn doch die „KI-Revolution“, so KRETSCHMANN, vieles obsolet mache.

Die Aussagen des Ministerpräsidenten wirken für viele engagierte und motivierte Geographielehrkräfte wie ein Schlag ins Gesicht. Doch KRETSCHMANN geht dabei von falschen Voraussetzungen aus. Er verkürzt das Schulfach Geographie
unsachlich auf ein kleines Thema. Wir hätten erwartet, dass sich der Ministerpräsident, bevor er spezifische Aussagen über das Fach Geographie tätigt, mit den aktuellen Bildungsplänen und Unterrichtsthemen beschäftigt hätte. Dann hätte er ein Fach wahrgenommen, das sich seit vielen Jahren immer wieder modernisiert hat – vielleicht so sehr, wie kein zweites Schulfach überhaupt. Das Fach Geographie weiß KI kritischkonstruktiv zu integrieren und leistet reichhaltige Beiträge im methodischen Bereich, auch was digitale Instrumente anbelangt wie bei der Geoinformatik. Denn die Frage „Geografie oder Medienkunde?“ stellt sich nicht (vgl. tagesschau.de vom 12.1.2025: KRETSCHMANN: KI-Revolution von Schulen nicht fernhalten). Die Geographie leistet vielmehr einen großen Beitrag zur Medienbildung.

Gerade erst vor wenigen Monaten ist das Fach Geographie vom Grün-geführten Kultusministerium zum Ankerfach für Bildung für nachhaltige Entwicklung erklärt worden. Die zukunftsfähige Entwicklung von Räumen, Nachhaltigkeitserziehung und Klimabildung finden zu wesentlichen Teilen im Fach Geographie statt. Sind das nicht auch inhaltliche Kernanliegen des Ministerpräsidenten?

Der Geographieunterricht trägt zudem in profunder Weise zur Entwicklung der Urteilsfähigkeit von Schülerinnen und Schülern bei. Nicht umsonst hat das Kultusministerium den Geographieunterricht als Beitrag zur „Stärkung der Demokratiebildung“ anerkannt. Urteils- und Handlungskompetenz erwächst im Übrigen nicht aus der reinen KI-Nutzung, sondern dafür braucht es realen Unterricht und kognitive Aktivierung – gerade im Fach Geographie! Die Geographie ist ein sehr modernes Fach – ein Zukunftsfach, welches angesichts der globalen, aber auch regionalen und lokalen Herausforderungen gerade im 21. Jahrhundert mehr Berechtigung denn je besitzt.

gez. Landesvorstand VDSG – BW –, 15. Januar 2025

 

Zur Organisation des jungen Kongresses für Geographie (JKG)

Das Organisationsteam von GeoDACH im Interview

Was ist die Idee und das Ziel des Jungen Kongresses für Geographie und warum habt ihr euch entschieden, ihn 2025 in Leipzig auszurichten?

GeoDACH: Uns liegt es am Herzen, Räume für den wissenschaftlichen Austausch zwischen jungen Geograph*innen zu schaffen und eine Veranstaltung anzubieten, bei der neben kritischen und kreativen Perspektiven auf die Geographie auch Angebote für Vernetzung und Spaß Platz haben.Leipzig hat uns dabei nicht nur mit seiner studentischen Atmosphäre, den sommerlich
grünen Wiesen und einem wunderschönen Fließgewässersystem, sondern auch vor allem mit den aktiven, engagierten Menschen aus dem Geographie- Fachschaftsrat überzeugt. Wir möchten mit der Standortwahl Perspektiven aus den neuen Bundesländern stärken und Geograph*innen aus ganz Deutschland in die Stadt einladen. Außerdem gibt es in Leipzig natürlich neben dem Institut für Geographie und dem Institut für Erdsystemwissenschaften und Fernerkundung auch noch mehrere außeruniversitäre Forschungszentren, wie das Helmholtz-Institut für Umweltforschung (UFZ), das Leibniz-Institut für Länderkunde (IfL), das Deutsche Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (IDiv) oder das Leibniz-Institut
für Troposphärenforschung (TROPOS). Das macht die Stadt zu einem wirklich interessanten Standort für ganz viele Teilbereiche der Geographie.

Welche Themen und Schwerpunkte werden beim Kongress 2025 im Mittelpunkt stehen?

GeoDACH: Da wir ein Kongress von Nachwuchsgeograph*innen für Nachwuchsgeo graph*innen sind, liegt die Themensetzung natürlich auch in der Hand derjenigen, die den Kongress durch ihre Sessions mitgestalten. Uns ist es besonders
wichtig, speziell für solche Ansätze und Perspektiven Raum zu schaffen, die normalerweise nicht auf Kongressen vertreten sind – freut euch also auf kreative und außergewöhnliche Formate. Außerdem versuchen wir, die gesamte Breite des Faches zu repräsentieren, und möchten alle herzlich einladen, sich auch mit Themen abseits des eigenen Horizontes zu beschäftigen – schließlich ist die Interdisziplinarität eine der Stärken der Geographie! Was wir euch schon jetzt versprechen können, sind spannende Exkursionsthemen: Von der Braunkohlefolgelandschaft über urban-fluviale Symbiosen in einer Langzeitperspektive, Stadtentwicklung und Recht auf Stadt, bis hin zu Frauen in der friedlichen Revolution, wird hoffentlich für alle etwas dabei sein.

Welche Zielgruppen möchtet ihr mit dem Kongress ansprechen und mit wie vielen Teilnehmerinnen und Teilnehmern rechnet
ihr?

GeoDACH: Wir können in unseren Räumlichkeiten bis zu 400 Teilnehmer*innen unterbringen, und möchten vor allem Bachelor-, Master- und Promotionsstudierende der Geographie und verwandter Studiengänge ansprechen, sowie auch andere junge Menschen, die an geographischen, gesellschaftlichen und klimawissenschaftlichen Themen interessiert sind. Wir heißen aber auch alle anderen Geograph*innen und Geographie- Interessierte willkommen – im Idealfall können wir am Ende gemeinsam die Vielfalt von Perspektiven aus Wissenschaft, Praxis, Aktivismus, Politik und Bildung feiern.

Was sind die größten Herausforderungen bei der Organisation des JKG und wie geht ihr mit Ihnen um?

GeoDACH: Ganz klassisch ist die Terminfindung innerhalb des Teams immer wieder schwierig. Das kennen vermutlich alle, die schon Mal ein größeres Event auf die Beine gestellt haben. Unser Orgateam ist über ganz Deutschland verteilt, manche schreiben momentan Abschlussarbeiten – und wie das so ist unter Geograph*innen, gibt es auch immer welche, die ganz woanders auf der Welt unterwegs sind. Manchmal können auch unklare Zuständigkeiten in Institutionen und langsame oder keine Reaktionen für ein bisschen Frustration sorgen, aber wir geben nicht auf und fragen immer wieder nach und machen weiter!

Wie wird das Programm zusammengestellt?

GeoDACH: Unser Programm wird ja aus verschiedensten Komponenten bestehen – wir als Orgateam kümmern uns nicht nur um das inhaltliche Rahmenprogramm, also die Eröffnungsveranstaltung, eine Keynote und so weiter, sondern auch um die Exkursionen, die in Zusammenarbeit mit Wissenschaftler*innen und Studierenden aus dem Raum Leipzig erarbeitet werden. Das Herzstück des Programms ergibt sich aber aus den Sessions, die von ganz unterschiedlichen Akteur*innen gestaltet werden. Außerdem haben alle Interessierten die Möglichkeit, bei uns einzelne Beiträge einzureichen, die wir dann in weiteren Sessions zusammenstellen. Darüber hinaus möchten wir Instituten, Verbänden, Unternehmen und Forschungsprojekten die Möglichkeit geben, sich bei einem “Markt der Möglichkeiten” vorzustellen und in den Austausch mit den Teilnehmenden zu gehen.

Wie wird das Thema Nachhaltigkeit in den JKG integriert? Gibt es zum Beipsiel Maßnahmen zur Reduzierung des ökologischen Fußabdrucks?

GeoDACH: Klar, als studentisch organisierter Kongress ist uns das natürlich besonders wichtig – und dadurch, dass wir auch auf eine kostengünstige Organisation achten, ergibt es sich häufig auch von selbst. So werden wir eine Bettenbörse für die Teilnehmenden anbieten, die Tagungsräume befinden sich nur wenigen Gehminuten voneinander entfernt, das Orgateam ist zu Fuß und mit Fahrrad unterwegs und alle Exkursionen wurden so geplant, dass sie leicht mit den Öffis erreichbar sind. Auch die Mensa, bei der wir uns verpflegen können, ist veganfreundlich!

Was hat euch motiviert, euch bei der Organisation des Kongresses zu engagieren?

GeoDACH: Der JKG bietet uns ja die Möglichkeit, einen Kongress mit Fokus auf die studentischen Perspektiven zu gestalten und ihn ganz auf unsere Bedürfnisse und Wünsche auszurichten – man kann hier all das umsetzen, was einen vielleicht bei anderen Kongressen gefehlt hat. Außerdem haben wir bei unseren Orga-Wochenenden immer eine super Zeit als Team und lernen andere engagierte Geos aus ganz Deutschland kennen. Schließlich ist der besondere Blick in die Wissenschaft, den man bei so einem Projekt gewinnt, sehr wertvoll. Uns würde es sehr stolz machen, wenn wir mit dem JKG nicht nur Entfaltungsmöglichkeiten für Nachwuchswissenschaftler:innen schaffen würden, sondern wenn die Teilnehmenden am Ende spannende Inspirationen, neue Kontakte und schöne Erinnerungen nach Hause mitnehmen.

Die Fragen von Franziska KRACHTEN beantworteten Carla BUBE und Luise REICHERT für das Organisationsteam des JKG.

GeoDACH ist die Vertretung deutschsprachiger Geographiestudierender. Der Verein unterstützt und repräsentiert seit 2007 Anliegen von Geographiestudierenden in Deutschland, Österreich und der Schweiz.